Vorsitzende Simone Lange zieht Bilanz
18.06.2020
Zum turnusgemässen Ablauf Ihrer Amtszeit zieht Simone Lange Bilanz und geht auf aktuelle Fragen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit ein:
Was bedeutet das Jubiläumsjahr 2020 für die deutsch-dänische Zusammenarbeit?
Vor genau einhundert Jahren wurde hier, zwischen Kruså und Flensburg, zwischen Ladelund und Tønder, eine Grenze gezogen. Zuerst wurde die Bevölkerung befragt – das war neu. Ein großes Gebiet musste sich als Grenzregion neu definieren. Das Herzogtum wurde in der Mitte geteilt. Dass man die Grenzziehung trotzdem als Erfolg feiern konnte, sagt auch etwas über den dänischen Optimismus aus – eine Haltung, der ich als Vorsitzende der Region Sønderjylland-Schleswig schon häufig begegnet bin.
Warum sprechen einige von Wiedervereinigung, andere von Jubiläum 2020?
Die deutsche Minderheit in Sønderjylland spricht eher davon, ein Jubiläum zu begehen. Auch für die dänische Minderheit südlich der Grenze kann von Wiedervereinigung keine Rede sein. Daher haben wir uns, auch vor diesem Hintergrund, dazu entschlossen, den gemeinsamen Dialog in einem anderen Verständnis zu führen. Denn hier geht es nicht nur um ein nationales Projekt, sondern für uns steht das friedvolle Miteinander von Mehr- und Minderheiten im Zentrum.
Warum gibt es die formalisierte grenzüberschreitende Zusammenarbeit erst seit 1997. In anderen Grenzregionen begann sie ja deutlich früher?
Flensburg und Kiel signalisierten bereits früh, dass man sich eine europäische Zusammenarbeit wünschte. Ein Gremium, das sich regelmäßig trifft und austauscht, gemeinsame Ziele verfolgt. Zwischen 1920 und 1997, dem Gründungsjahr der Region Sønderjylland-Schleswig, lagen Jahre sporadischer Kontakte, aber auch die Kriegsjahre und die deutsche Besatzung Dänemarks. Das dürfen wir in diesem Zusammenhang nicht vergessen und dies erklärt auch in gewisser Weise die langjährige dänische Zurückhaltung.
Wie lange sind Sie noch Vorsitzende der Region Sønderjylland-Schleswig, und was bedeutet es, den Vorsitz zu haben?
In diesem Jahr steht en turnusgemäßer Wechsel des Vorsitzes an – die dänische Seite wird für die nächsten zwei Jahre die leitende Aufgabe übernehmen. Vorsitz heißt, die Region nach außen zu vertreten und intern die Geschicke zu lenken.
Was deckt die Kulturarbeit der Region eigentlich ab?
Die Kulturarbeit der Region ist mittlerweile so breit gefächert, dass man sagen kann – wir decken alles ab! Sprachprojekte, Schulen und Kitas, Kunst und Sport – hier ist für jeden etwas dabei. Das mit Interreg-Mitteln geförderte Projekt KursKultur wurde abgeschlossen – der enorme Erfolg des Projektes spricht für sich. Vier Millionen Euro wurden hier in den letzten vier Jahren in die gesamte Region investiert.
Gibt es auch jetzt noch Gelder, die die Bürger*innen der Region nutzen können?
Ja! Die Auftaktveranstaltung des Nachfolgeprojektes KursKultur 2.0 hat bereits stattgefunden und ich ermuntere alle Interessierten, auf der Homepage kulturfokus.de nachzuschauen und sich zu überlegen, welcher Verein, welche Initiative aktiv werden und eine Idee umsetzen könnte. In den kommenden drei Jahren stehen Mittel für Schulaustausch, Fahrtkosten, für deutsch-dänisches Miteinander bereit.
Was tut die Region Sønderjylland-Schleswig für den deutsch-dänischen Arbeitsmarkt?
Der Arbeitsmarkt nimmt neben der Kultur eine zentrale Rolle im Tätigkeitsfeld des Regionskontors und des Infocenters ein. Auch hier dreht sich die Erde weiter: Im letzten Jahr (2018/19) gab es 19 % mehr Anfragen! Häufig ging es dabei um das Thema Hauskauf in Dänemark. Diese Entwicklung hängt sicherlich auch mit der angespannten Situation auf dem Immobilienmarkt zusammen. Ab 2020 wird das Infocenter die Grenzpendler*innen der Fehmarnbelt-Region auch offiziell mit beraten. Die Region Sjælland hat für diese deutliche Ausweitung der Beratungstätigkeit 1 Million dänische Kronen (ca. 134.000 Euro) bereitgestellt. Das Pilotprojekt läuft über zwei Jahre; dann sehen wir weiter.
Wofür steht die Region Sønderjylland-Schleswig noch?
Neben Kultur und Arbeitsmarkt stand auch die politische Seite der Regionsarbeit stets im Fokus. In den letzten Jahren gab es sicherlich die ein oder andere Unstimmigkeit und Herausforderung – seit Januar 2016 die vorläufigen Grenzkontrollen, die Folgen des neu errichteten Wildschweinzauns und seit neuestem die Auswirkungen der Covid 19-Pandemie. Obwohl es von deutscher Seite durchaus kritische Anmerkungen gab und weiterhin gibt, so müssen wir festhalten: An der Arbeit der Region Sønderjylland-Schleswig hat dies nichts geändert. Der grenzüberschreitende Dialog ist von enormer Bedeutung, die deutsch-dänische Zusammenarbeit stabil und robust. Die Region Sønderjylland-Schleswig beweist in der aktuellen Situation einmal mehr: Wir sind fest zusammengewachsen und schauen optimistisch in unsere gemeinsame Zukunft!